Leseprobe 7: "Schitschiwum ..."

Ich hatte schon erste Aufträge (der Steuerminister möge mir verzeihen, die Sache ist jetzt eh verjährt) und es machte mir Spaß und gab dem Folka Selbstvertrauen, wie die Leute auf meine Blumentische, Kupferschalen, Fisch- und Weintraubengeländer abfuhren und auch gut dafür bezahlten. Alles Cash. Und wenn mal einer eine Quittung brauchte, kam die Mehrwertsteuer, die damals bei elf Prozent lag, noch dazu. Als Sonderbonus sozusagen.

Oft hing mir diese Lernerei zum Hals raus. Die Handwerksordnung ist eine Einrichtung aus dem Mittelalter. Die Vorträge gingen meistens an der Praxis vorbei. Zwei Pauker, die aus der Wirtschaft kamen, hatten es allerdings ganz gut drauf. Meine Herren, sie müssen sich für ihre Zukunft merken: Investieren ist besser als konsumieren. Wer schreibt gewinnt. Lernen sie die Verdingungsordnung für Bauleistungen auswendig. Wenn sie für einen neuen Kunden arbeiten, überprüfen sie seine Bonität. Werden sie beleggeil, jedes Stück Papier, was sie in ihren Büchern haben, ist steuermindernd. Dieser Staat ist wie die Blutsauger. Och, das wusste ich auch schon. Ich fand es sehr nett und ehrlich, dass mal ein Finanzbeamter seinen Frust vor angehenden Unternehmern frei lässt. Herr Becker unterrichtete das Fach Finanz- und Steuerrecht.

Die Prüfungsverordnungen für die angehenden Schlossermeister wurden zwischenzeitlich geändert. Zusätzlich musste ich noch einen Kunststoffverarbeitungslehrgang absolvieren. Die Handwerkskammer brauchte wohl mal wieder außerordentliche Einnahmen, um ihren aufgeblähten Wasserkopf zu finanzieren. Der Lehrer war ein ausgesprochener Praktiker. Meine Herren, wenn sie irgendwas angefasst haben und müssen zur Toilette, waschen sie sich vorher die Finger, sonst kann es passieren, dass sie Schitschiwum an ihrer xxxx kriegen und ihre Partnerin hat dann auch Probleme mit ihrem Teil. Sie wissen schon was ich meine. Und dann erzählte er. Sein Freund musste eine PVC-Verrohrung herstellen. Der Kunststoff wird vor dem Schweißen mit dem ihnen bekannten Nahtreiniger gesäubert. Irgendwie kam das Zeug dann an seinen xxxx und er musste mit erheblichen Blasen und aufgerissener xxxx ins Krankenhaus. Die Ärzte machten dann erst mal ihre Sprüche und was glauben sie, was mein Freund zuhause mit seiner lieben Gattin für einen Stress bekam. Sie meinte doch tatsächlich: In was für ein xxxx hast du deinen xxxx reingesteckt?

Ich konnte meinen Mund nicht halten und sagte: Das geht auch weg, wenn man in eine Steckdose pisst. Die ganze Klasse hat sich vor Lachen auf die Erde gelegt.

Meine Kumpels gingen vor die Tür und ich zog mir abends diese langweilige Handwerksordnung rein, lernte DIN Normen und Kostenrechnung. Zum Schluss arbeitete ich in einer Gesenkschmiede als Reparaturschlosser. Das war die größte Schmiererei überhaupt. Die ganze Firma war total veraltet. Von einem österreichischen Gastarbeiter mit einem kleinen Oberlippenbärtchen hat die Schmiede während des verhängnisvollen zweiten Weltkrieges Doppelgegenschlaghämmer, die man bei den Belgiern geklaut hat, bekommen. So sahen diese Maschinen auch aus. In Hückeswagen gebaut und an die Belgier verkauft und von Adolf geklaut. Auf diesen nun wirklich überalterten Schmiedepressen wurden Präzisionsteile für Kernkraftregelventile hergestellt.

© 2004 Folkasko Verlag, Hagen

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Unanständige Worte sind durch xxxx unkenntlich gemacht. Wir möchten vermeiden, dass wir möglicherweise hochanständige Menschen mit tadellosen moralischen Werten oder Minderjährige in eine Sinnkrise stürzen. Ganz abgesehen davon hat selbstverständlich keiner von uns Ambitionen, wegen "Verderbtheit" oder einem anderen moralischen Defizit zu 20 läuternden Jahren Knast verurteilt zu werden. Das liegt uns fern.

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