Das Werk ...

Das Werk ...

... und der Autor sollten unbedingt getrennt verstanden werden. Der Autor, auf der einen Seite, und der Erzähler oder die Hauptperson eines Buches, auf der anderen Seite, sind - außer bei Autobiographien - zwei völlig unterschiedliche Angelegenheiten. "Mir war so danach ..." ist ausdrücklich keine Autobiographie, sondern rein fiktional, also der Phantasie des Autors entsprungen. In Fachkreisen bezeichnet man das als die "Trennung von Autor und Werk". Das bedeutet, dass etwas, das die Personen im Buch erleben, nichts mit der so genannten Realität zu tun hat. Und sei es noch so ähnlich. Wir verweisen dazu auch noch einmal auf die Feststellung, die man üblicherweise im Vorspann oder Anhang von Büchern oder Filmen findet:

"Die in diesem Buch geschilderten Ereignisse fanden nur in der Phantasie des Autors statt. Jede Übereinstimmung mit tatsächlich stattgefundenen Ereignissen ist zufällig und unbeabsichtigt. Jede eventuelle Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen ist ebenfalls rein zufällig und nicht beabsichtigt."

Nun ja ... manche, die den Autor persönlich kennen (oder denken, sie kennen ihn), haben ihre Freude daran, zu raten, wer im Buch welcher Person im "echten Leben" entspricht. Viel Spaß dabei! Es ist ja auch schwer, sich etwas vorzustellen, was man nicht kennt.

Es wird sicher richtig lustig, wenn die gleichen Leute z.B. mal "American Psycho" von Bret Easton Ellis in die Finger bekommen. Entweder haben sie danach Angst, auf die Straße zu gehen (das wäre dann eigentlich das Beste für uns alle), oder sie rufen mehrmals täglich aufgeregt die 110 an, um Herrn Ellis wegen mehrfachen Mordes anzuzeigen. Beweise? Klar! Haben sie auch. Sogar gedruckt! Alter Vater! Die Exekutive unseres Staates wird begeistert sein ...

Also nochmal, auch wenn es den Bekannten des Autors schwer fällt: Vergesst den Autor, wenn Ihr sein Buch lest. Okay: Wenn es Euer erstes Buch nach "Lesen macht Spaß!" ist, nimmt es Euch keiner übel. Aber Ihr solltet wissen, dass Karl May noch nie in Amerika gewesen war, als "Winnetou" schrieb. Jules Verne hatte ziemlich sicher kein Unterseeboot, das "Nautilus" hieß und ist - auch das ist gesicherte Erkenntnis - nie unter dem Pseudonym Phileas Fogg in 80 Tagen um die Welt gereist. Jedenfalls, soweit uns das bekannt ist. Auch hat sich bisher keine Frau gemeldet, die als Kind von Vladimir Nabokov unter dem relativ unauffälligen Pseudonym Humbert Humbert sexuell belästigt wurde. Daniel Defoe hat bestimmt nicht mehrere Jahre seines Lebens nach einem Schiffbruch auf einer einsamen Insel verbracht. Hätte man ihm einen dunkelhäutigen Herrn namens Freitag vorgestellt, wäre er sicher äußerst verblüfft gewesen.

Was allerdings interessant ist: Zu der Zeit als Daniel Defoe seinen sehr erfolgreichen "Robinson Crusoe" geschrieben hat, galten derartige Phantasie-Schriftstellereien als höchst anstößig, weil sie nicht der Wahrheit entsprachen. Man konnte sich ziemlichen Ärger mit den - in Ihren Moralvorstellungen recht "klaren" - Puritanern einfangen. Folglich hat er nicht einmal behauptet, es sei Phantasie, sondern gab es der Einfachheit halber als einen völlig wahren Reisebericht aus. Den Lesern war es egal. Das Buch hatte großen Erfolg.

Na ja, die Zeiten ändern sich. Die Puritaner von damals sind ja dann losgezogen, weil man Ihre überzogenen religiösen und moralischen Ansichten allgemein nicht teilte, um es milde auszudrücken. Jetzt verbringen sie ihre Zeit auch auf einer - recht großen - Insel, bzw. auf einem stattlichen Teil derselben, den sie Vereinigte Staaten von Amerika nennen. Sie schießen den ganzen Tag auf sich selbst und andere, wenn sie nicht gerade jemanden auf 1.000.000.000 Schadenersatz verklagen, weil er ihnen z.B. nicht gesagt hat, dass es weh tut, wenn man besoffen ist und sich heißen Kaffee auf die Buxe gießt.

Aber wir schweifen ab ...

Was bleibt: "Mir war so danach ..." ist reine Phantasie. Wer darin Realität entdeckt oder unbedingt entdecken möchte, den können wir auch nicht abhalten. Aber wir (auch Folka!) wären gerne mal dabei, wenn so ein - nicht minder geschätzer - Leser (oder Leserin) einen Tatort in der Glotze sieht oder einen Stephen King liest ...

So! Und jetzt: Buch bestellen ...

Lesen macht klug, steigert die Potenz und fördert die Verdauung!

Leseprobe gefällig? Leseprobe gefŠllig?

© 2023 Volker Urban · Delsterner Straße 20 · 58091 Hagen · Telefon: +49 151 25 27 62 77 · Impressum · Datenschutzerklärung · Cookies